Pantaenius

Pantaenius – Rekordsturmflut an der Ostsee:

Bilanz einer Schreckensnacht

Das Ostseesturmhochwasser in der Nacht vom 20. auf den 21. Oktober 2023 hat kaum einen Hafen an der Küste verschont und mit dem höchsten seit 1872 gemessenen Scheitelwasserstand eine Spur der Verwüstung hinterlassen, die bis daher nicht vorstellbar war. Allein die Schäden an Küsten, Stränden, Hochwasserschutz, Häfen und Booten in Deutschland werden auf rund 200 Millionen Euro geschätzt. Am Morgen nach dem Sturm zeigte sich nach und nach die Katastrophe, die Häfen und Boote ereilt hatte. Dramatische Schilderungen fluteten die sozialen Medien und Chatgruppen. Bericht von Motoryachten, die sich einfach losgerissen hatten und mit den ablaufenden Wellen aus der Hafenausfahrt herausgespült wurden, machen die Runde. Dazu Schilderungen, nach denen es in der bekannten Form nun nicht mehr gibt. Neben erschrockenen und besorgten Eignern waren die Versicherungs- und Schadenexperten von Pantaenius als Erste vor Ort.

Das SEGEL JOURNAL sprach mit Holger Flindt, Prokurist und Mitglied der Geschäftsführung der Pantaenius GmbH, über den Umgang mit den verheerenden Orkanschäden und die Folgen für die Versicherten.

Kann Pantaenius schon beziffern, wie hoch der Gesamtschaden durch den verheerenden Sturm am 20. Oktober nur bei den bei Pantaenius versicherten Yachten war?

Ja. Der von Pantaenius versicherte Gesamtschaden aus dem Ostsee-Sturmhochwasser beträgt etwa 9 Millionen Euro. Dabei belief sich der größte Einzelschaden auf 400.000 Euro. Der durchschnittliche versicherte Wert der Totalschäden, die Pantaenius abgedeckt hat, lag bei 65.000 bis 80.000 Euro.

Wie viele Totalverluste gab es, wie viele Schiffe haben gravierende Schäden, die sich aber wieder beheben lassen?

Bei Pantaenius waren etwa 450 der mehr oder weniger schwer beschädigten Schiffe versichert. Etwa 60 davon waren Totalverluste. Der Rest wird repariert.

In welchen Häfen kamen die meisten Schiffe zu Schaden?

Die Häfen von Kiel-Schilksee, Damp und Maasholm waren die Schadenszentren bei diesem Ostsee-Sturmhochwasser.

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Was für Tipps könnt ihr den Eignern geben, ihre Schiffe noch besser im Hafen zu sichern und zu schützen?

Das Ostsee-Sturmhochwasser hat in den betroffenen Häfen zu einer Situation geführt, in der viele Schiffe auch bei größter Sorgfalt nicht mehr zu sichern waren. Das haben von uns beauftragte Gutachter bestätigt. Viele Eigner haben bis zuletzt versucht, ihre Schiffe zu sichern und zu schützen, leider nicht immer erfolgreich. Dabei ist übrigens immer der Grundsatz zu beachten, sich nicht selbst in Gefahr zu bringen.

Ansonsten sind die wichtigsten Tipps: Immer das Wetter im Auge behalten. Wenn man selbst längere Zeit nicht in der Nähe ist, rechtzeitig einen Stegnachbarn bitten, sich zu kümmern. Bei Sturmwarnung möglichst frühzeitig an einen geschützten Liegeplatz verholen. Festmacher verdoppeln und zusätzliche Leinen in Windrichtung ausbringen. Außerdem Festmacher regelmäßig prüfen und rechtzeitig austauschen. Tauwerk jeder Art und überall an Bord ist Verschleißmaterial. Wer dort spart, spart am falschen Ende.

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Das Schadensmanagement von Pantaenius und der direkte Einsatz vor Ort in Schilksee hat viele beeindruckt. Was hat Pantaenius seinen Kunden in Schilksee an Serviceleistungen bieten können?

Die ersten Sachverständigen unseres Havariekommissariats MCS sind noch in der Nacht an die Ostsee gereist, um sich einen Überblick zu verschaffen. Nach dem Sammeln der Informationen und dem Gruppieren der Schäden haben sich die Sachverständigen auf die Häfen verteilt und Bergungen und Reparaturen organisiert.

Unterdessen haben wir ein mobiles Büro in den Olympiahafen Schilksee verlegt, um für unsere Kunden vor Ort ansprechbar zu sein. Das hat vielen in der Situation Sicherheit gegeben.

Auch die Hamburger Zentrale hat dabei eine wichtige Rolle gespielt. Dort haben wir die rund um die Uhr besetzte Schaden-Hotline von zwei auf acht Mitarbeiter aufgestockt. Alleine am Montag, den 23. Oktober, hat die Hamburger Zentrale 739 Anrufe entgegengenommen.

Auch wer nicht zu den betroffenen Eignern gehörte, hat sich mit großem Interesse die für Pantaenius produzierten Videos mit den dokumentierten Orkanschäden angesehen. Wie viele User haben bisher die Videos abgerufen?

Auf Instagram zählen unsere Reels vom Ostsee-Sturmhochwasser insgesamt über eine Million Aufrufe. Die ausführlicheren Videos auf unserem YouTube-Kanal haben sich fast 400.000 User angesehen. Auch diese Art der Information hat dazu beigetragen, unseren Kunden in der Situation Sicherheit zu geben.

Müssen die über Pantaenius versicherten Kunden nun befürchten, dass die Prämien aufgrund der vielen Schäden steigen?

Nein. Risiken wie die beim Ostsee-Sturmhochwasser preisen wir als Versicherungsunternehmen im Regelbetrieb mit ein. Wir kennen unser Geschäft und wissen, dass wir alle paar Jahre mit einem Kumulschaden zu rechnen haben. Deshalb werden die Versicherungsprämien jetzt auch nicht sprunghaft steigen, sondern im Rahmen der normalen Teuerung.

Mit welcher Versicherung sind Eigner gegen Orkanschäden auch künftig am besten versichert?

Grundsätzlich ist eine Kaskoversicherung zu empfehlen. Wir haben Kunden, die nur eine Haftpflichtversicherung bei uns abgeschlossen haben und deren Schaden daher nicht gedeckt ist. Bei der Auswahl einer Kaskoversicherung sind die Bedingungen genau zu prüfen. Es ist beispielsweise ratsam, auf eine Allgefahrenversicherung zu achten. Außerdem ist im Falle einer Bergung wichtig, dass die Bergekosten zusätzlich zur Versicherungssumme getragen und nicht angerechnet werden.

Aber auch bei einer Haftpflichtversicherung ist es wichtig, die Bedingungen genau zu prüfen. Nach dem Ostsee-Sturmhochwasser hat die Stadt Kiel eine behördliche Anordnung erlassen, dass alle Schiffe geborgen werden müssen. In einem solchen Fall – Anspruch von Dritten – könnte man annehmen, dass eine Haftpflichtversicherung zumindest die Bergungskosten deckt.

Allerdings haben manche Eigner in der konkreten Situation festgestellt, dass ihre Versicherung die Kostenübernahme ablehnt, weil in ihren Bedingungen steht: „… aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden“. Wir dagegen schreiben in unseren Bedingungen „… von einem Dritten aufgrund gesetzlicher Haftpflicht-Bestimmungen auf Schadenersatz (für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden) in Anspruch genommen werden“. Keine Beschränkung auf Privatrecht. Das ist ein kleiner, aber wichtiger Unterschied.

Lieber Holger Flindt, vielen Dank für das interessante, informative Gespräch.

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Quelle: Pantaenius Yachtversicherungen